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Bomben plus Folter: das unglaubliche Vorgehen der USA gegen Al Jazeera TV und Pressefreiheit

06.07.2017 | Das aktuelle Embargo der drei Golfstaaten Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain sowie Ägyptens gegen Katar richtet sich auch gegen den Fernsehsender Al Jazeera, der vom Emir von Katar gegründet wurde. Die Drohkulisse ist also auch ein Frontal-Angriff auf die Pressefreiheit in Arabien und in Nordafrika.

Den arabischen Despotien passt die Berichterstattung von Al Jazeera schon lange nicht. Denn der Sender ist bei der Bevölkerung vieler arabischer Staaten besonders beliebt und gilt als vertrauenswürdiger als die eigenen Regierungsquellen.

Nicht nur die absoluten Monarchen und Militär-Diktatoren Arabiens wollen, dass Al Jazeera verschwindet. Auch US-Regierung und -Militär sind wenig amüsiert. Dazu eine kleine, erschreckende Chronologie:

Dick Cheney, Vizepräsident, USA gegen Pressefreiheit, Journalist, Tareq Ayoub, Al Jazeera, Bagdad 2003, Irak, Gewalt gegen TV-Sender, Presse, Collage, Satire

Al Jazeera. Oder die Rache des US-Imperiums, Teil 1


Jahr 2001
Al Jazeera ist der einzige ausländische TV-Sender mit Büro in Kabul. Die Reporter berichten über das Leid der afghanischen Zivilbevökerung durch die US-geführte Militär-Intervention.

03.10.2001
US-Außenminister Colin Powell übt wegen "aniti-amerikanischer" Berichterstattung von Al Jazeerea Druck auf den Emir von Katar aus. Der Emir verweist auf die Pressefreiheit.

21.10.2001
Al Jazeeras Kabul-Korrespondent Taisir Alluni interviewt Osama Bin Laden. Bereits einen Tag zuvor, am 20.10.2012, warnt US-Vizepräsident Dick Cheney den Emir von Katar davor und spricht davon, Al Jazeera riskiere als "Osama's outlet to the world" wahrgenommen zu werden. Das Bin Laden-Interview wird von Al Jazeera nicht ausgestrahlt.

13.11.2001
Die mit den USA verbündete Nordallianz besetzt Kabul kampflos. Ein US-Kampfflugzeug wirft zwei Bomben auf das Kabuler Büro von Al Jazeera.

Das ist leider nicht alles: Al Jazeera. Oder die Rache des US-Imperiums, Teil 2


15.12.2001
Al Jazeera Kameramann Sami al-Hajj wird in Pakistan festgenommen und im Juni 2002 ins US-Gefangenen- und Folterlager Guantanamo verschleppt.

08.04.2003
Das Al Jazeera Büro in Bagdad wird von der US-Luftwaffe bombardiert. Der Reporter Tareq Ayoub stirbt. Am selben Tag in Bagdad: die Satellitenstation von Abu Dhabi TV wird beschossen und ein US-Panzer tötet die Journalisten Taras Protsyuk (Nachrichtenagentur Reuters) und José Couso (spanischer Sender Telecinco).

11/2003
Der ehemalige Kabuler Al Jazeera Korrespondent Taisir Alluni wird in Spanien verhaftet. Der Vorwurf: Er sei Mitglied von Al-Qaida.

9/2005
Taisir Alluni wird in Spanien wegen Terror-Unterstützung zu sieben Jahren Haft verurteilt.

07.01.2007
Kameramann Sami al-Hajj tritt in Gunatanamo in den Hungerstreik.

01.05.2008
Sami al-Hajj wird - nach fast sechs Jahren Haft in Guantanamo, davon 16 Monate unter Zwangsernährung - entlassen. Es gab nie ein Gerichtsverfahren und es wurde nie eine Anklage gegen ihn erhoben.

17.01.2012
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet, dass die Haftstrafe gegen Taisir Alluni nicht rechtens ist. Herr Alluni wird im März 2012 nach über 6 Jahren aus spanischer Haft entlassen. Er hat seine Strafe, die auf einem Fehlurteil basierte, zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als abgesessen, wenn man Untersuchungshaft und Gerichtsverfahren mit einbezieht. 

Im Kontext mit den US-Bombardierungen von Al Jazeera Büros in Kabul und Bagdad ist interessant, dass die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, weiter eine unabhängige Untersuchung der Bombardierung ihres Krankenhauses in Kundus (Afghanistan) am 03.10.2015 fordert. Die Lage des Krankenhauses war den US-Militärs genauestens bekannt.

Kritische oder oppositionelle Presse und das US-Militär - auch das passt ins Bild:


23.04.1999
Der serbische Fernseh-Sender Radio-Televizija Srbije (RTS) wird von der NATO bombardiert. 16 Mitarbeiter werden dabei getötet.

07.05.1999
Die chinesische Botschaft in Belgrad wird von GPS gelenkten Raketen getroffen, die von einem in Missouri (USA) gestarteten B-2 Tarnkappenbomber abgefeuert wurden. Drei chinesische Journalisten kommen ums Leben. 21 Menschen werden verletzt.

Leider ist zu vermuten, dass es sich bei all diesen Verbrechen bzw. kollateralen "Versehen" nur um die Spitze des Eisberges handelt. Doch selbst, wenn es Dummheit oder Dilettantismus war(?), werfen die Vorfälle ein bezeichnendes Licht darauf, wie höchst "präzise" US- und NATO-Luftschläge durchgeführt werden. Erschreckend ist, dass es bei Journalisten-Kollegen und in den Medien keinen wirklich großen Aufschrei gibt.

Mehr zum Thema Militär und Medien auf Skurrilen.de: Collage und einige Hintergründe zum Militärisch-Industriellen Komplex (MIK) sowie dessen potentielle Verbindungen zu Medienmachern | Treffen sich zwei Kampfhubschrauber

Anmerkung: Die Transkription von arabischen Namen ins Englische oder Deutsche ist leider nicht klar geregelt; Text, Grafik: rw; mit Verwendung von 2 Fotoausschnitten: 1. der damalige US-Vizepräsident Dick Cheney, offizielles Porträt (Public Domain), Mr Cheney ist frei gestellt, der Ausschnitt wurde entfärbt; 2. Luftbild der im 2. Weltkrieg durch Flächenbombardements zerstörten Stadt Heilbronn, fortografiert von den US-Streitkräften | Die Skurrilen wünschen: Skurrilen, Militärpropaganda-freien Tag!

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